So schlimm ist es wirk­lich: Die CDU-geführ­te Säch­si­sche Staats­re­gie­rung wird Land­krei­se, Städ­te und Gemein­den in den finan­zi­el­len Unter­gang schi­cken

Ein Kom­men­tar zum Erlass des Säch­si­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums des Innern vom 21. Juli 2025 zur Anwen­dung des kom­mu­na­len Haus­halts­rechts zur Bewäl­ti­gung der außer­ge­wöhn­li­chen Haus­halts­la­ge im Frei­staat Sach­sen.

Was der­zeit in Sach­sen geschieht, ist ein Weck­ruf für jeden Bür­ger, der glaubt, der Frei­staat habe noch einen Plan – oder gar eine ver­ant­wort­ba­re Lösung.

Kom­mu­nen und Land­krei­se kön­nen ihre Pflicht­auf­ga­ben aus Eigen­mit­teln nicht mehr stem­men. Feu­er­weh­ren war­ten ver­geb­lich auf neue Fahr­zeu­ge. Neue Inves­ti­tio­nen sind unmög­lich, not­wen­di­ge Sanie­run­gen spren­gen jeden Rah­men. Die Sozi­al­aus­ga­ben stei­gen ins Uner­mess­li­che, die Bau­prei­se explo­die­ren – doch das Land gibt nur den lapi­da­ren Hin­weis: „Dann nehmt eben eure Rück­la­gen.“ Nur: Die­se Rück­la­gen gibt es längst nicht mehr.

Die Rea­li­tät ist: Städ­te, Gemein­den und Land­krei­se in Sach­sen sind am Limit. Nicht aus eige­nem Ver­sa­gen, son­dern weil sich die CDU-geführ­te Staats­re­gie­rung aus der Ver­ant­wor­tung stiehlt. Die Haus­halts­la­ge ist vie­ler­orts so dra­ma­tisch, dass meh­re­re Land­krei­se und Städ­te bis heu­te kei­nen geneh­mi­gungs­fä­hi­gen Haus­halt für 2025 vor­le­gen konn­ten.

Allen vor­an der Land­kreis Nord­sach­sen, wo man gleich ganz dar­auf ver­zich­tet hat, einen Haus­halts­plan bei der Lan­des­di­rek­ti­on ein­zu­rei­chen – weil die finan­zi­el­le Lage schlicht hoff­nungs­los ist.

Und dann kommt aus dem Säch­si­schen Staats­mi­nis­te­ri­um des Innern die­ser Erlass vom 21. Juli 2025 – nicht als Ret­tung, son­dern als Offen­ba­rungs­eid.

Ein Ange­bot zum finan­zi­el­len Selbst­mord

Der Erlass des CDU-geführ­ten Säch­si­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums des Innern vom 21. Juli 2025 trägt den harm­lo­sen Titel: „Anwen­dung des kom­mu­na­len Haus­halts­rechts zur Bewäl­ti­gung der außer­ge­wöhn­li­chen Haus­halts­la­ge im Frei­staat Sach­sen“. Doch was nach Hil­fe klingt, ist in Wahr­heit ein gefähr­li­cher Trick – mit schwer­wie­gen­den Fol­gen für jede Kom­mu­ne, die dar­auf her­ein­fällt.

Denn der Kern die­ses Erlas­ses ist kein Ret­tungs­schirm, son­dern eine Ein­la­dung zur Selbst­auf­ga­be: Kom­mu­nen sol­len – sofern über­haupt noch vor­han­den – ihre letz­ten Rück­la­gen auf­brau­chen und sich ver­schul­den, um trotz feh­len­der Mit­tel zumin­dest ihre Pflicht­auf­ga­ben zu erfül­len. Der Frei­staat selbst über­nimmt dabei kei­ne Ver­ant­wor­tung. Wer dem Erlass folgt, bekennt sich zur fremd­ver­ur­sach­ten Not­la­ge – und soll die­se auch noch selbst finan­zie­ren.

Noch schlim­mer: Der Erlass öff­net die Tür zu einer schlei­chen­den Aus­höh­lung der über­le­bens­wich­ti­gen Haus­halts­dis­zi­plin. Er sug­ge­riert, dass Kom­mu­nen mit struk­tu­rel­lem Defi­zit ein­fach „über das Jahr kom­men“, wenn sie sich selbst aus­zeh­ren und neue Kre­di­te auf­neh­men. Ein sehr gefähr­li­cher Trug­schluss, denn wer schon die lau­fen­den Kos­ten aus eige­ner Kraft nicht decken kann, der wird auch spä­ter kei­ne Kre­di­te nebst Zin­sen zusätz­lich til­gen kön­nen. Die­ser Erlass bie­tet kei­ne Lösung für die Zukunft – son­dern einen Marsch in den finan­zi­el­len Abgrund.

Die soge­nann­te „außer­ge­wöhn­li­che Haus­halts­la­ge“ wird dabei nicht etwa durch den Frei­staat fest­ge­stellt oder kom­pen­siert – nein: Die Kom­mu­ne selbst muss die­sen Aus­nah­me­zu­stand erklä­ren, doku­men­tie­ren und sich letzt­lich selbst zur Sanie­rung ver­dam­men.

Die Ver­ant­wor­tung bleibt also voll­stän­dig bei den Städ­ten und Gemein­den. Der Frei­staat gibt ledig­lich Paro­len zum Durch­hal­ten aus – bie­tet aber weder ein Werk­zeug für aku­te Ent­las­tung noch einen Plan für struk­tu­rel­le Bes­se­rung.

Einen kon­kre­ten Ansatz, um die Ursa­chen die­ser außer­ge­wöhn­li­chen Haus­halts­la­ge zu besei­ti­gen, sucht man ver­geb­lich.

Die Staats­re­gie­rung flieht vor ihrer Ver­ant­wor­tung

Was die­ser Erlass in Wirk­lich­keit doku­men­tiert, ist nichts ande­res als das still­schwei­gen­de Ein­ge­ständ­nis, dass der Frei­staat Sach­sen sei­ne Kom­mu­nen sehen­den Auges in die finan­zi­el­le Kata­stro­phe lau­fen lässt. Statt zu hel­fen, wer­den die Pro­ble­me nach unten durch­ge­reicht – an Städ­te, Gemein­den und Land­krei­se, die bereits jetzt finan­zi­ell auf dem Zahn­fleisch gehen.

Kei­ne kla­re Ursa­chen­ana­ly­se. Kei­ne struk­tu­rel­le Hil­fe. Kei­ne Über­nah­me von Ver­ant­wor­tung.

Dabei ist längst jedem bekannt, was die Haus­hal­te der Land­krei­se und schließ­lich auch der Kom­mu­nen so stark belas­tet: explo­die­ren­de Sozi­al­aus­ga­ben, feh­len­de Inves­ti­ti­ons­si­cher­heit, stei­gen­de Per­so­nal­kos­ten, zuneh­men­de Regu­lie­rungs­auf­la­gen – und eine wirt­schafts­po­li­ti­sche Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit auf Lan­des- wie Bun­des­ebe­ne, die Unter­neh­men ver­treibt, Ein­nah­men schwächt und Zukunfts­per­spek­ti­ven ver­nich­tet.

Anstatt die­sen Ent­wick­lun­gen poli­tisch gegen­zu­steu­ern, gibt sich die Staats­re­gie­rung als neu­tra­ler Beob­ach­ter einer Kri­se, die sie selbst mit­ver­ur­sacht hat. Der Erlass ist das Papier gewor­de­ne Man­tra der CDU-geführ­ten Lan­des­re­gie­rung: „Wir sind nicht schuld – sol­len doch die Kom­mu­nen sehen, wie sie klar­kom­men.“
Ein Staat, der sich aus sei­ner Kern­ver­ant­wor­tung – der kom­mu­na­len Daseins­vor­sor­ge – ver­ab­schie­det, hat sei­ne Legi­ti­ma­ti­on ver­spielt. Genau das geschieht der­zeit in Sach­sen: Der Frei­staat ent­zieht sich Schritt für Schritt sei­ner Pflicht, für trag­fä­hi­ge Rah­men­be­din­gun­gen zu sor­gen. Der Erlass ist dabei nur der letz­te Beweis einer sys­te­ma­ti­schen Poli­tik des Weg­schau­ens.

Das ver­schwie­ge­ne Kern­pro­blem

Ein zen­tra­ler Punkt wird in der gesam­ten Debat­te rund um die kom­mu­na­le Finanz­kri­se sys­te­ma­tisch aus­ge­blen­det: die mas­si­ven Kos­ten für Asyl und Migra­ti­on.

Was kein Minis­ter offen aus­spricht, wis­sen die Land­rä­te und Ober­bür­ger­meis­ter längst:

Ein erheb­li­cher Teil der Haus­halts­not in den Land­krei­sen und kreis­frei­en Städ­ten ist direkt auf die Belas­tun­gen durch die Flücht­lings- und Migra­ti­ons­po­li­tik zurück­zu­füh­ren.

Unter­kunft, Inte­gra­ti­on, Sozi­al­hil­fe, Gesund­heits­ver­sor­gung, Schul- und Kita­plät­ze – die Aus­ga­ben für die­sen Bereich über­stei­gen längst die rea­li­sier­ba­ren Haus­halts­an­sät­ze. Der Frei­staat stellt zwar pau­scha­le Zuwei­sun­gen bereit, doch die­se decken bei Wei­tem nicht die tat­säch­li­chen Kos­ten – auch wenn das regel­mä­ßig behaup­tet wird.

Am Ende bleibt die Deckungs­lü­cke an den kom­mu­na­len Kör­per­schaf­ten hän­gen – und damit indi­rekt auch an den kreis­an­ge­hö­ri­gen Städ­ten und Gemein­den, die unter dem Spar­kurs der Land­krei­se mit­lei­den.

Wer heu­te einen Haus­halts­plan auf­stellt, kann über Inves­ti­tio­nen in frei­wil­li­ge Leis­tun­gen oft nur noch den Kopf schüt­teln. Schwimm­bä­der, Biblio­the­ken, Dorf­ge­mein­schafts­häu­ser, Jugend­zen­tren oder ein neu­es Lösch­fahr­zeug für die Feu­er­wehr? Alles auf der Kip­pe bzw. unmög­lich – weil das Geld längst fehlt oder ander­wei­tig gebun­den ist.

Und wäh­rend sich der Frei­staat im Erlass vom 21. Juli 2025 weder zur Asyl­po­li­tik noch zu deren Fol­ge­kos­ten bekennt – und sich gene­rell geniert, über­haupt einen Grund für die „plötz­li­che“ außer­ge­wöhn­li­che Haus­halts­la­ge kon­kret zu benen­nen – müs­sen die Kom­mu­nen und Land­krei­se die Zeche zah­len: finan­zi­ell, orga­ni­sa­to­risch und gesell­schaft­lich.

Das Schwei­gen der Staats­re­gie­rung zu den ech­ten Ursa­chen der Kri­se ist kein Zufall. Es ist poli­ti­sches Kal­kül.

Denn wür­de man die Wahr­heit benen­nen, müss­te man zuge­ben, dass die eige­ne Poli­tik nicht trag­fä­hig ist – und drin­gend geän­dert wer­den müss­te.

War­nung an die Kom­mu­nen: Wer jetzt nicht Stopp sagt, macht sich mit­schul­dig

Bevor ein Land­kreis oder Kom­mu­ne die­sen Weg geht und evtl. neue Schul­den auf­nimmt, soll­te sich jeder Ver­ant­wort­li­che ernst­haft fra­gen: Wie schlimm steht es eigent­lich um unser Land, wenn eine CDU-geführ­te Staats­re­gie­rung zu solch einem Erlass grei­fen muss? Was für ein dra­ma­ti­scher Aus­blick zwingt den Frei­staat dazu, Kom­mu­nen mit sol­chen Mit­teln über Was­ser zu hal­ten?

Ja – auf den ers­ten Blick mag der Erlass wie eine Erlö­sung wir­ken. Doch wer ihn als Geschenk begreift, ver­kennt die Wahr­heit. Jeder klar­den­ken­de Kom­mu­nal­po­li­ti­ker müss­te jetzt inne­hal­ten und sich fra­gen: Will ich die­ses Ange­bot wirk­lich anneh­men – oder zie­he ich die Reiß­lei­ne und sage: Stopp! Was läuft hier gewal­tig schief?

Denn eines ist sicher: Wer heu­te schon kei­ne Pflicht­auf­ga­ben aus Eigen­mit­teln finan­zie­ren kann, wird mor­gen unter Zins­last, Til­gungs­druck und Inves­ti­ti­ons­stau ersti­cken. Das ist Mathe­ma­tik, kei­ne Mei­nung. Und wer meint, die­ses Fass ohne Boden wer­de sich schon irgend­wie selbst fül­len, der lügt sich und sei­ner Kom­mu­ne in die Tasche.

Spä­tes­tens jetzt ist die Zeit auf­zu­wa­chen: Weni­ger Ein­nah­men, höhe­re Aus­ga­ben, stei­gen­de Kre­dit- und Zins­last – das ergibt kein „Wir schaf­fen das“, son­dern ein finan­zi­el­les Desas­ter, das unse­re Kin­der und Enkel aus­ba­den müs­sen. Es braucht ein kla­res Nein aus den Land­krei­sen und Kom­mu­nen Rich­tung Dres­den. Kein Wei­ter-so. Kein „Augen zu und durch“. Son­dern end­lich die Erkennt­nis: So geht es nicht mehr wei­ter.

Ich schrei­be das nicht als Par­tei­po­li­ti­ker, son­dern als jemand, der in Gemein­de, Land­kreis und Land­tag Ver­ant­wor­tung trägt.

Ich sehe die Lage, wie sie ist – und ich kann und will sie nicht schön­re­den – denn wir ste­hen lei­der am Abgrund – und das müs­sen wir auch so benen­nen.

Jetzt braucht es Ehr­lich­keit, Mut und vor allem eins: kla­re und kon­se­quen­te Ent­schei­dun­gen.

Dafür ste­he ich – als Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter, Kreis­rat und Gemein­de­rat.
René Stand­ke

Folgt uns auf Tele­gram: t.me/afd_kv_vogtland